hauptsache man hat arbeit
 
Ich bin Werkskünstlerin bei der ContiTech.
Die ContiTech gehört zum Konzern der Continental AG, von der vor allem bekannt ist, dass sie Reifen herstellen. Die ContiTech stellt andere Dinge aus Gummi her, Keilriemen und Keilrippenriemen und Gummizahnriemen zum Beispiel. Herr Timm sagt
"Dinge die dichten, dämmen, federn, dämpfen, schützen und kapseln". Herr Timm ist der Chef der Kommunikationsabteilung. Was eine schwierige Sache zu sein scheint, denn was gibt es schon zu sagen über Profile, Luftfedern und die erwähnten Riemen. Dagegen seien Reifen wahrhaft showy, sagt Herr Timm.
Ich habe mich bei der ContiTech um eine Anstellung als Werkskünstlerin beworben, so als ob es diesen Beruf gäbe. Mein Angebot war, all die Aufträge zu erfüllen, die die Mitarbeiter der ContiTech für die Aufgaben einer Werkskünstlerin erachten. Ich wollte den verschiedenen Abteilungen als künstlerische Arbeitskraft zur Verfügung stehen.
  Einmal war ich eingeladen, in einer Hannoveraner Schule von diesem Projekt zu erzählen. Die Jugendlichen haben gesagt, dass sie mich zum Lohn eines ungelernten Arbeiters einstellten, wenn sie die Manager der Conti wären und mich überhaupt einstellten. Den Arbeitsplatz und den Beruf, für den ich mich bewürbe, gäbe es schließlich gar nicht, es könne sich somit auch nicht um einen erlernten Beruf handeln und danach müsse sich die Bezahlung richten.
Meine Bewerbung wurde angenommen. Ich sei damit nicht Angestellte der ContiTech, sagt Herr Timm, und das solle ich auch nicht behaupten. Es sei eine sensible Sache mit der Kunst im Betrieb. Was solle die Öffentlichkeit und was sollen die Mitarbeiter davon halten, dass die Conti überall auf die Kosten achte, sich nun aber eine angestellte Werkskünstlerin leiste?
Bei meinem Bewerbungsgespräch bereitet mich der Geschäftsfüher fürsorglich darauf vor, dass die Kunst bei vielen Mitarbeitern nicht auf großes Interesse stieße. Sie seien Techniker, Chemiker, Physiker und Kaufleute, sagt Herr Lerch, und sie seien hier um zu arbeiten und nicht, um sich mit Kunst zu beschäftigen. Das solle mich nicht schrecken!